Künstlerportrait Kerstin Scherr (Filzfun Magazin)

Mit einer gefiltzen Maus fing alles an …

Natürlich mit einer gefilzten Maus! Kerstin Scherr war schon beim ersten Mal sofort vom Filzfieber ergriffen und das hat sie bis heute nicht mehr losgelassen. Sie experimentiert gern und filzt Blüten, Schals, Stulpen, Taschen und Hüte, die sie zunächst auf einem Basar der Waldorfschule Backnang verkaufte. Ihre Begeisterung steckte sofort weitere Menschen an und es wurde eine Filzgruppe gegründet, in der Kerstin Scherr allen Interessierten das Filzen beibringt.

Werdegang

ln Kursen bei professionellen Filzerinnen wie lnge Bauer, Beatriz Schaaf-Giesser, Charlotte Sehmisch, Beate Bossert, Lyda Rump und May Hivstendahl hat Kerstin Scherr ihr Können vertieft und fand Anregungen für ihren eigenen kreativen Weg. Diese Kurse bedeuten für sie Freiräume, losgelöst vom Alltag, Besinnung auf die eigene Person, um den eigenen Wünschen und Träumen nachzuspüren. Das hilft ihr, neue Wege zu wagen. – Schon als Kind stand Kerstin Scherr in Woll· und Stoffläden und war fasziniert von der Vielfalt der Farben und Materialien, die schier
unendliche Möglichkeiten bargen, einzelne Stücke herzustellen. – ln einer autodidaktischen Phase und vielen Kursen erarbeitete Kerstin Scherr sich viel Erfahrung und Können. Das Erlernte gab ihr Sicherheit in ihrem kreativen Tun und sie fand im Jahr 2005 den Mut, sich selbstständig zu machen und die Firma •Trollino• zu gründen. Seitdem arbeitet sie im eigenen Atelier in Remseck-Hochdorf (BW) und als freischaffende Dozent in und Fortbildungsleiterin. Der Erfolg gab ihr Recht: Wachsende Nachfrage nach ihren Filzunikaten und Kursen zeigte deut lich, dass sie sich mit der Firmengrandung richtig entschieden hatte.

Die Hände tun schon das Richtige

Kerstin Scherr vertritt ihre eigene Filz-Philosophie in ihren Kursen. Sie versteht sich als diejenige, die Grundlagen des Filzens vermittelt Ihr Geheimnis ist aber, dass der einzelne Mensch sich auf den Weg, auf das Filzen und das zu gestaltende Stock einlässt. Wenn das geschieht, erübrigen sich Fragen wie „Ist Filzen schwer?“ und „Kann ich das auch ?“.
– Beim Filzen finden auch Menschen, die wenig an sich glauben, einen Weg, aus sich und ihren Händen zu schöpfen und sich wieder zu vertrauen. Die Freude, die dabei entsteht, der Stolz, den ein fertiges Werk hervorbringt und die Begeisterung der Kursteilnehmenden an ihren Filzstücken berühren und erfüllen Kerstin Scherr. Sie lässt sich in ihren Kursen auf die Individualität der Menschen ein, erspart, was diese brauchen und versucht, die Ein zelnen eigenständig Fortschritte machen zu lassen und genau dann helfend einzugreifen, wenn es die Situation erfordert. Sie begleitet die Menschen mit Ruhe, Geduld und wacher Aufmerksamkeit. ln den Kursen hat sie wertvolle und interessante
Menschen kennengelernt und sie fragt sich manchmal, wo alle diese Menschen vorher waren und ob sie diese auch auf anderen Wegen getroffen hätte. Für diese Begegnungen ist sie sehr dankbar, denn sie geben ihr Impulse für die eigene Veränderung, lassen sie über interessante Lebenskonzepte staunen und schenken ihr wertvolle Beziehungen und Freundschaften.

Den eigenen Weg gehen

Eine Woche ohne Filzen – das kommt für Kerstin Scherr nicht in Frage. Zu viele Ideen bewegen sie dazu Neues auszuprobieren, zu experimentieren und mit Materialien zu spielen. Ihre Wolle und Stoffe färbt sie selbst. Mit ihrem Färbetopf zaubert sie unglaublich ausgeklügelte Farbmischungen mit leuchtenden und harmonischen Farbkormbinationen.
– Auch vom Nunofilzen ist Kerstin Scherr sehr begeistert. Dafür verwendet sie unterschiedliche Materialien, wie Pongeseide, Crinkleseide, Etamine, Organza, bedruckte Stoffe und Leinen-Seiden Mischungen mit Patchworktechnik. Sogar Perlen, Sehntire und Steine werden von ihr eingefilzt und geben ihren individuellen Stücken eine ganz besondere Note. Aufbauend auf all dem Können, das sie sich als Autodidaktin und in Kursen in vielen Jahren erarbeitet hat, absolviert sie seit 2009 eine Ausbildung in der Filzschule in Oberrot Mit der Abschlussarbeit „Fit in Filz“ wird sie im Juli 2012 die Ausbildung beenden. Als Kerstin Scherr ihrer Kreativität freien Lauf ließ, entdeckte sie das Nähen wieder für sich. Seitdem kombiniert sie Filz und Walkstaffe zu einzigartigen Kleidungsstücken. Oft hat sie Ideen für neue Projekte schon im Kopf und bringt sie dann zu Papier. Ist der richt ige Zeitpunkt für die Idee gekommen, wird der Plan realisiert. Das ist eines der Geheimnisse von Kerstin Scherr, dass sie den richtigen Moment erspart. nichts erzwingen möchte, sondern weiß, dass es sich lohnt zu warten. Ihre wunderbaren Werke geben ihr Recht. Es ist gut, auf die innere Stimme zu hören. Die Werkstatt im Haus zu haben, entscheiden zu können, wann und wie sie arbeiten möchte und so dem eigenen Rhythmus zu folgen, das ist für Kerstin Scherr ein großes Geschenk. Sie hat ein offenes Haus, Kundinnen und Kunden können kommen, Freunde schauen vorbei und die große Familie bringt buntes Leben und Begegnungen. Wenn aber alle aus dem Haus sind, genießt sie die Ruhe und das ungestörte Arbeiten in der Werkstatt. Wolle in allen erdenklichen Farbnuancen, verschiedenste Stoffe und Garne warten darauf, unter ihren Händen Gestalt anzunehmen. Zwischen ihr und den Materialien entsteht eine eigene Kommunikation, fast aus einer anderen Weit.

Familie und Karriere unter einem Dach

Kerstin Scherr genießt das bunte Familientreiben, das Heranwachsen ihrer Kinder und die Individualität jedes Einzelnen. Treue Begleiterin im Alltag ist bei diesem ganzen Treiben ihre Berner Sennenhündin Chila. Dass die Künstlerin ihr Hobby zum Beruf machen konnte, erfüllt ihre Familie mit Stolz. Ihr Erfolg auf Märkten führte zu einem wachsenden Bekanntheitsgrad in der Presse. Ein Erfolgsgeheimnis von Kerstin Scherr ist die Beharrlichkeit, mit der sie den Weg vom Hobby über viele kleine Erzeugnisse, verschieden in Form, Farbe und Gestaltung hin zu komplizierten Kleidungsstücken und schließlich zu einem Beruf ging. Diese Beharrlichkeit wird von ihrer Familie und ihren Freunden sehr bewundert. Es ist eine Freude zu erleben, wie sie ihre Vielfalt an Ideen in ihren Produkten verwirklicht. Deshalb gönnt man es Kerstin Scherr von Herzen, dass sie das Glück hat, Hobby und Beruf so wunderbar zu verbinden.

Der Troll

Mit einer Maus fing alles an, doch gleich danach kam der Troll. Ein in sich ruhender, zu friedener aber wacher Hausgeist, der oben auf dem Schrank in der Werkstatt und auch hier in der FUN sitzt und immer all es im Blick hat. Der Troll ist seit vielen Jahren an ihrer Seite, er hat Kerstin Scherr seinen Namen für ihre Firma gegeben und wer weiß,
vielleicht brütet er so manche ihrer Ideen mit aus. Zuzutrauen ist es ihm, denn bei jedem Blick lächelt er verschmitzt. Kerstin Scherr ist seit 2008 Mitglied im Filznetzwerk, nahm 2010 an der Filzmodenschau in Soltau teil und fertigt seit 2011 qualitativ hochwertige Gebrauchsfilze. Seit 2005 verkauft sie ihre Filzunikate erfolgreich auf Ausstellungen und Kunsthandwerkermärkten.

Quelle: Filzfun (Text: Waltraut Schillinger)

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